Verhaltenskodex

Alle VeranstalterInnen und Hilfspersonen erklären sich dazu bereit, den Verhaltenskodex einzuhalten.

Verhaltenskodex zur Prävention vor sexueller Ausbeutung und Grenzverletzungen im Ferienpass Rupperswil
Stand April 2024

Der folgende Verhaltenskodex wurde als Präventionsinstrument entwickelt und ist für alle im Ferienpass Rupperswil tätigen Personen verbindlich. Er basiert auf der UN-Kinderrechtskonvention.

Ziele des Verhaltenskodex

Die Aufarbeitung von Fällen sexueller Ausbeutung zeigt, dass subtile Grenzverletzungen lange vor der eigentlichen sexuellen Ausbeutung beginnen. Täter und Täterinnen sind Meister der Manipulation, gehen sehr strategisch vor und bauen sexuelle Ausbeutung systematisch auf. Was mit beiläufigen Grenzverletzungen beginnt, wird schleichend und im Verborgenen erweitert.

Auch in den Programmen und Projekten vom Ferienpass Rupperswil gibt es Risikosituationen (= strafrechtlich noch nicht relevante Handlungen, heikle Situationen im Graubereich), die für sexuelle Ausbeutung ausgenutzt werden könnten. Eine Kultur der Transparenz und klare Qualitätsstandards für Risikosituationen erschweren manipulative Strategien und erhöhen Schwellen für mögliche Täter und Täterinnen. Allen anderen geben sie mehr Rückhalt, Orientierung und Schutz und stärken deren Handlungssicherheit. Mit dem Verhaltenskodex steht dem Ferienpass Rupperswil ein Instrument zur Verfügung, Grenzverletzungen im Graubereich sachlich anzugehen und aufzufangen bevor es zu einer Straftat kommt.

Zur Beziehungsarbeit gehört angemessene emotionale und körperliche Nähe. Ebenso wichtig ist die rollenbewusste und situationsbedingte Distanz. Dieser Spagat verlangt eine permanente und sorgfältige Reflexion der eigenen Haltung und Handlungen in konkreten Situationen. Der Verhaltenskodex und konkret formulierte Standards im Alltag tragen zu dieser Reflexion bei.

Der Verhaltenskodex erfüllt die wichtige Aufgabe, Kinder und Jugendliche bestmöglich zu schützen, Mitarbeitende und Freiwillige vom Ferienpass Rupperswil und seine Partnerorganisationen in ihrer Tätigkeit zu stärken und zu unterstützen. Er ist in der Ich-Form verfasst, da er ein verbindliches Statement für jeden Einzelnen darstellt.



1. Grundhaltungen

A) Macht und Verantwortung:

Ich bin mir jederzeit bewusst, dass die betreuten Kinder und Jugendlichen abhängig und verletzbar sind. Gegenüber Kindern und Jugendlichen bin ich in einer Machtposition. Für die Gestaltung und Einhaltung von Grenzen bin immer ich verantwortlich. Ich unterlasse jeden Machtmissbrauch.

B) Besprechbarkeit und Transparenz:

Ich bin bereit, meine Überlegungen und Handlungen in Risikosituationen jederzeit gegenüber dem Team oder der Leitungsperson transparent zu machen. Ich bin offen und kritikfähig. Ich spreche Unsicherheiten, Irritationen oder Fragen zu Risikosituationen oder Handlungen im Graubereich (sprich ohne strafrechtliche Relevanz, vgl. Interventionsablauf im Schutzkonzept) proaktiv an. Dabei habe ich eine Bring- und Holschuld.

C) Klarheit meiner Rolle:

Ich trenne zwischen meiner Rolle beim Ferienpass Rupperswil und meinem Privatleben und vermeide Vermischungen. Ich bin in dieser Rolle verantwortlich, dass situationsgerechte und rollenklare Grenzen eingehalten werden. Diese unterscheiden sich klar von meinen Grenzen im familiären Kontext. Meine Rolle und meine konkrete Aufgabe bestimmen damit auch die emotionale und körperliche Nähe zu den mir anvertrauten Kindern und Jugendlichen.

D) Selbstreflexion:

Ich nehme mir Zeit, meine Rolle und meine Aufgaben für den Ferienpass Rupperswil im Austausch mit dem Team oder der Leitungspersonen zu reflektieren. Ich gehe Unsicherheiten zu Risikosituationen aktiv an und habe ein Recht darauf, dass diese im Team oder mit der Leitungsperson besprochen und geklärt werden. Damit trage ich bewusst zu einer höchstmöglichen Qualität (vgl. Standards zu Risikosituationen) und Transparenz in Bezug auf Nähe und Distanz bei.

E) Körperlichkeit in der Beziehungsgestaltung:

Im Rahmen meines Auftrages passe ich den Körperkontakt zu den mir anvertrauten Kindern und Jugendlichen der Situation und meiner Aufgabe an. Ich bin jederzeit für die Beziehungsgestaltung verantwortlich und halte mich an das Grundprinzip: „So viel Körperkontakt wie nötig, so wenig wie möglich". Das Wohl und die Integrität der Kinder und Jugendlichen habe ich immer im Auge.

F) Schutzauftrag:

Ich respektiere die seelische, körperliche und sexuelle Integrität der mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen und vermeide jede Handlung, die diese verletzt. Ich bringe der Privat- und Intimsphäre der Kinder und Jugendlichen ein Maximum an Respekt entgegen.

G) Meldepflicht (vgl. Interventionsablauf im Schutzkonzept):

Ich verpflichte mich, mich bei begründetem Verdacht auf sexuelle Ausbeutung oder Grenzverletzungen durch Mitarbeitende oder Freiwillige vom Ferienpass Rupperswil unverzüglich an die dafür zuständige interne oder externe Ansprechstelle oder die zuständige Leitungsperson zu wenden. Dies betrifft beispielsweise Aussagen von Betroffenen oder deren Eltern zu Straftaten. Damit werden die interne Fallführung und Koordination aller Schritte abgegeben. Im Falle eines Verdachts auf Straftaten ist die Konfrontation des Beschuldigten nie meine Aufgabe und unbedingt zu unterlassen.



2. Standards zu Risikosituationen

A) Körperkontakt:

Die Verantwortung und die Abgrenzung bezüglich Körperkontakts liegen immer bei mir, niemals beim Kind oder Jugendlichen. Ich beachte die Bedürfnisse und Signale der Kinder und Jugendlichen und stimme meine Reaktion rollen- und situationsgerecht darauf ab. Eine liebevolle, angemessene Zuwendung beim Trösten ist selbstverständlich z.B. durch tröstende Worte und Aufmerksamkeit.

B) Wahl der Räume und Örtlichkeiten:

Bei der Wahl der Räume und Örtlichkeiten achte ich darauf, dass eine Betreuungsperson nie alleine mit einem Kind oder Jugendlichen ist. Digitale Räume werden vom Ferienpass Rupperswil, der Schule oder den Veranstaltenden eingerichtet. Sie sind für Kursverantwortliche jederzeit zugänglich und werden nach der Veranstaltung geschlossen. Ich bin mir bewusst, dass die durch digitale Räume erworbenen Daten nach der Veranstaltung nicht mehr verwendet werden dürfen.

C) Umziehen:

Die Garderoben von Mädchen und Jungen sind immer getrennt. Ich ziehe mich nicht vor Kindern und Jugendlichen um. Vor dem Betreten ihrer Garderoben klopfe ich immer an.

D) Sprache und Wortwahl:

Ich spreche eine wertschätzende, wohlwollende, angemessene und nicht sexualisierte Sprache. Ich verwende keine abfälligen Bemerkungen oder Blossstellungen und dulde dies auch nicht unter den Kindern und Jugendlichen. Ich nenne sie beim Namen und benutze weder Kosenamen noch Verniedlichungen. Gesprächsthemen werden vom Kind oder Jugendlichen gesetzt und passen zum definierten Auftrag.

E) Fotografieren und Filmen:

Ich mache keine audiovisuellen Aufnahmen (Fotos, Videos, Live-Streaming, Screenshots etc.) von Kindern und Jugendlichen ohne die schriftliche Einwilligung der Eltern. Ich filme oder fotografiere sie nie in Unterwäsche oder Badebekleidung.

F) Privatkontakte:

Ich pflege keinerlei privaten Kontakt — auch nicht über die digitalen Medien — mit mir im Rahmen des Ferienpass-Angebotes anvertrauten Kindern, Jugendlichen oder deren Eltern. Private Einladungen nehme ich keine an und spreche keine aus. Freundschaftsanfragen über digitale Medien lehne ich freundlich ab. Ich nehme die mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen nicht zu mir nach Hause. Ich informiere die Leitungsperson vor einem Einsatz über bereits bestehende private Kontakte zu Familien. Damit schütze ich mich präventiv vor persönlichen Rollenkonflikten.

G) Beaufsichtigung:

Ich lasse die Kinder niemals unbeaufsichtigt. Am Ende der Veranstaltung stelle ich die Rückkehr an den vereinbarten Treffpunkt sicher. Kinder und Jugendliche verlassen die Gruppe nur vorzeitig, wenn dies mit den Eltern so vereinbart ist. Ich halte mich an die publizierten Zeiten und Treffpunkte und beende die Veranstaltung weder vor noch nach dem vereinbarten Zeitpunkt. Ich kenne die gängigen Sicherheitsbestimmungen für meinen Auftrag und halte mich daran. Angebote mit besonderen Herausforderungen oder erhöhten Risiken wie beispielsweise Schwimmen, Reiten, Klettern, Segeln oder auch Bootsfahrten führe ich nur durch, wenn ich über die erforderlichen Qualifikationen verfüge und entsprechende Hilfspersonen anwesend sind.